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Haben wir sie gesehen, die Frau des Lammes?

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Gegen Ende des geheimen Buches der Offenbarung begegnet uns in der biblischen Sprache, im griechischen Urtext, ein neues Wort, mit welchem die göttliche Braut bezeichnet wird. Während in den übrigen Schriften der Bibel, sowohl im alten, als auch im neuen Testament, noch der Begriff dem einer Verlobten ähnelte, heißt nun die Braut des Lammes wortwörtlich – die Ehefrau (gynaika).

Der Seher folgte der Aufforderung des Engels – „Komm, ich zeige Dir die Braut, die Frau des Lammes“, und wurde im Geist auf einen großen, hohen Berg entrückt und sah die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabstieg. Das ist nicht das Jerusalem, von welchem der Prophet Hesekiel kündet, die Frau, welche kanaanitischer Herkunft ist (Hes. 16). Jene historische Stadt erwies sich als treulos – Christus bezichtigte sie des Prophetenmordes. Der Besitz jenes Jerusalems ist vergänglich, seien es die Schätze ihrer geistigen Werte, seien es die Reichtümer ihrer Untreue. „Prophetisches Reden nimmt ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht“ – schreibt Paulus im Hohenlied der Liebe. Unvergänglicher Reichtum stellt die Liebe dar, die dem Höchsten entspricht. Das ewige Jerusalem ist in eben diesem Besitz, die himmlische Stadt besitzt die Herrlichkeit Gottes (doxa, Off. 21, 10c), so dass nichts Unreines in sie hineinkommt, sondern nur die, die im Lebensbuch des Lammes eingetragen sind. (Off. 21, 27)

Die Vollzahl der Getauften, die man Kirche nennt, sind wirklich jene Christgläubigen, welche durch das Sakrament der Taufe in das Buch des Lebens eingetragen sind. Sofern sie ihrem Taufgelübde treu bleiben, sind sie auch der Vollendung fähig. Denn im Taufgelöbnis haben sie der Macht der Welt und der Dämonen abgeschworen und mit der Anbetung Jesu die Treue gelobt. Mit diesem Gelöbnis gehören sie nun dem Adam der Vollendung an, nicht mehr dem Adam ihrer Entstehung. Im paulinischen Zeugnis kennen wir den Begriff unseres Seins. So lehrt uns Paulus, dass unsere Gestalt einem vergänglichen Adam entstammt, einem irdischen Wesen, und wir nach unserer Taufe dem himmlischen Adam nachgestaltet werden. Sowohl bei Elija, aber auch im Evangelium begegnen uns vom Tod wiedererweckte Menschen. Selbst in der Todesstunde Jesu sollen die Heiligen auferweckt worden sein. Auffällig ist es dabei, dass man des weiteren von ihnen nichts mehr erfährt. Wenn wir von der Auferstehung reden, dann meinen wir nicht die Gestaltung aus dem Staube der ersten Schöpfung, sondern immer die Gestalt einer neuen, der zweiten Schöpfung.

Als Jesus drei Jünger zum Berge Tabor mitnahm, offenbarte er ihnen die Ankunft des Reiches. Die Jünger sahen einen Entrückten, einen Sterblichen und einen, dessen Leib noch im Grabe lag, alle in gleicher Gestalt, in der Metamorphose oder Umgestaltung, wie es wortwörtlich im Evangelium heißt. Zwar begleitet uns dabei immer der Begriff eines geklärten Wesens, so dass hierbei manche von der Verklärung sprechen. Eigentlich ist hier die Rede von einer neuen, vollendeten Gestalt, nach der Art des Sohnes Gottes. Mit unseren begrenzten Möglichkeiten der Sprache und der Vorstellung nennen wir diese vorzeitige Vollendungsgestalt – die Vorauferstehung. Sie geschah nicht bloß am Berge der Verklärung. Auch Paulus bezeugt sie, indem er von jemandem berichtet, welcher den 3. Himmel betrat. Sie kann jederzeit wieder geschehen und führt irgendeinmal zu einem unteilbaren Augenblick, wo Neugestaltete zur himmlischen Hochzeit als vollkommene Geister emporgehoben werden, wie unser Meister, um nicht mehr nur Braut zu sein, sondern zu seiner Ehefrau zu werden.

Sowohl die Gottesdienste, als auch die Ämter und Dienste der Kirche gehören dem Mysterium dieser vollendeten Gestalt Christi an. Uns umgibt zwar noch die Haushaltung des Todes, aber im Erlöser sind wir einer anderen, verheißenen Haushaltung teilhaftig geworden, der Ökonomie eines unvergänglichen Lebens. Dieselbe trägt einen Namen, welcher ihrem Besitz entspricht. Gott ist der Eine und der Heilige, so dass wir sie die Eine und die Heilige nennen. Ihr Haupt stammt aus Gott, entspricht dem Ewigen und ist aus dem Allerhöchsten entsandt – somit nennen wir sie des weiteren katholisch und apostolisch, deren Glieder mit Namen ausgerufen wurden. Mit dem gesamtbiblischen Begriff Ekklesia ist jene Kirche gemeint, die Gott geschaut und ihn jederzeit verkündet hat, in ihrem Glauben, Hoffen und Lieben. Diese Kirche sollen wir bekennen und lieben, damit wir mit ihr der himmlischen Gestalt voll teilhaftig werden, nicht erst in der zukünftigen Welt, sondern auch jetzt und heute.

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Verleihe, HErr, unser Gott, daß alle, die aufrichtigen Herzens sind, sich darüber freuen, in Einigkeit des Glaubens zu einem Volk versammelt zu werden, auf daß, wenn Dein Sohn, unser Heiland kommt, wir Ihm untadelig mit der Schar aller seiner Heiligen entgegengehen; Ihm, der da lebt und herrscht mit Dir und dem Heiligen Geiste, ein Gott, in Ewigkeit.
Amen.