Vom Glauben her empfinden wir uns meistens dann erfrischt, wenn uns der Gottesdienst oder das Gebet erbaut hat. Danach folgt stets eine andere, „abbauliche“ Zeit und der Alltag, wo wir wieder die Müdigkeit dieses Lebens verspüren. In
der Epistel St. Paulus, welche am 8. Sonntag nach Pfingsten gelesen wird, begegnet uns diese Erfahrung in einer anderen Fassung: „Wegen eurer Schwachheit rede ich nach Menschenweise: ... stellt jetzt eure Glieder in den Dienst der Gerechtigkeit, so daß ihr heilig werdet.“ (Röm 6, 19a & c) Im gewissen Sinn erleben wir außerhalb unserer heiligen Erfahrungen oft Frust, manchmal sogar Unreinheit und Gesetzlosigkeit – und ohne unrein oder gesetzlos zu werden, werden wir müde. Da uns der Dienst vor Gott stärkt, um gerecht zu denken, zu reden und zu handeln, fordert der Apostel uns auf, diese Stärkung zu einem Dienst auch im Nicht-Heiligen zu gestalten.
Im Weltlichen zu stehen ist nicht nur ein erzwungener Teil unseres Lebens, sondern das praktische Leben selbst, welches wir mit Freude im Herzen und im Leib wahrnehmen sollen. Denn alles, was wir im Heiligen erleben und im geweihten Leben erfahren, befähigt uns nicht nur für die Ewigkeit, sondern auch für das Sakrale im Weltlichen. Der Dienst der Gerechtigkeit wird nur im Profanen vollzogen, und auch wenn uns dies befremdend erscheint – dort wandelt sich unsere Gerechtigkeit in jene Heiligkeit, die uns ein gutes Gewissen beschert, als hätten wir Almosen gegeben, den Müden gestärkt oder den Traurigen getröstet!
Erst aus dieser Lebensweise, welche keine Bewährung darstellt, sondern die eigentliche Erfahrung dessen, was heilig ist, werden wir fähig, im Geheimnis Jerusalems unseren Gott und Vater zu preisen und der prophetischen Aufforderung: „Jerusalem, preise den HErrn!“ nachzukommen. Wir sind nicht ein Tempel des Höchsten oder die Kirche Gottes für uns selbst. Wir sind es stets zum Ruhm Gottes in der Welt und zur Erbauung aller um uns herum.
Als der geheimnisvolle Leib Christi sind wir mit unserem Heiland im Heilswerk untrennbar verbunden für unsere Umwelt, für die ganze Welt und das All, nicht kurzfristig, sondern für immer – solange die Zeit nicht zur Ewigkeit verwandelt ist. Durch den Fluss, welcher unter dem himmlischen Altar hervorquillt, um in der Herabkunft den Erlöser Jesus Christus zu offenbaren, werden auch wir als der Tempel Gottes geoffenbart, als die Stätte, an welcher alle Menschen guten Willens den Raum für den Gottesdienst und das Land dessen erleben, der uns und allen Himmeln der Heilige ist.
In der nächsten Woche werden wir morgens und abends neue Lesungen betrachten, morgens den Propheten Daniel und abends den Evangelisten Markus, um die apokalyptischen Gedanken der Lesungen der letzten Tage, von Gog und Magog beim Propheten Ezechiel und die Wiederkunftsreden aus dem hl. Evangelium unseres HErrn Jesu Christi nach Matthäus zu verstehen. Daselbst erfuhren wir die Verbindung des Karfreitags mit den Ereignissen in einer für uns noch unvorstellbaren Zukunft. Und doch wird alles klarer, da wir den Gekreuzigten gerade durch seine Verherrlichung erkannten, in der Gabe des Geistes und des neuen und heiligen Lebens. Ebenso mögen die Lesungen des Propheten Daniels auch in diesem Jahr hoffentlich verständlich und erneuernd sein.
Unser HErr ist uns immer näher, je mehr wir an Ihn denken und seine Worte ehrlich betrachten. Wie wir uns üben in der göttlichen Lesung, in der Vorlesung der Bibel, so kräftigt uns die Bewegung des Geistes, wenn wir zumindest stückweise erkennen, was im Verborgenen als Ganzes sich in unserem Innern empfinden läßt, wie die Sättigkeit der Brote der wundersamen Vermehrung, von welchen uns das Evangelium in der eucharistischen Feier Kunde gibt.
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