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Der in der Menschengestalt Erschienene ist durch die Geburt aus einer reinen Jungfrau auf eine sichtbare Weise als unser Leben wahrnehmbar geworden, nicht als Spiegelbild unserer Unvollkommenheit, sondern als Vorläufer in der Überwindung unseres Ungemachs. Es liegt Ihm nichts daran, uns in irgend einem Wort zu ängstigen oder das Leben schwer zu machen. Denn in jeder misslichen Lage, in welcher wir der Bosheit begegnen, seien es Krankheiten, Unglücke oder gar Kriege, ist er nicht die Quelle des Ungemachs. Vielmehr ist er immer und jederzeit der Mitleidende, keineswegs der strafende Verursacher, sondern der Stärkende, der uns mit Gewissheit und Hoffnung stärkt, mit dem Sinn einer unvergänglichen Existenz. In Armut und Obdachlosigkeit, in Verfolgung und Ungerechtigkeit entzieht Gott aber dem Verursacher seine schützende Hand.
In seltenen Fällen sind die Armen und Mittellosen an ihrer ausweglosen Situation selber schuld. Es ist auch keine höhere Gewalt am Werk, wenn jemand auch obdachlos wird, selbst dort nicht, wo uns Katastrophen begegnen. Auch wenn die Menschheit in der globalen Dimension einer gewaltigen (exousia) Macht gleichkommt, wirkt sie nicht im Auftrag Gottes, sondern in der eigenen Verantwortung, in der Eigenmacht aus der Gestalt der ersten Schöpfung, als Gott sprach – „Macht euch die Erde untertan!“
Die Stärke der Reichen im Bereich der Finanzen und der materiellen Güter kennt keine Gnade. Vielmehr erschafft sie aus Eigeninteresse Verhältnisse, in welchen sie sowohl selbst in die Krise gerät als auch andere unansehnlich und arm macht. Nicht die Kräfte der Himmel, sondern eher jene der Unterwelt – welche, angetrieben durch die eigene Sterblichkeit, selbstherrlich neue Wege des vergänglichen Reichtums suchen – leisten in eigener Verantwortung den Beitrag zu den natürlichen Katastrophen und zu der wahrnehmbaren Verarmung. Die Göttlichen Reichtümer, welche uns in Christo gegeben wurden, sind die Hoffnung und die Barmherzigkeit. Dort, wo dem Armen Brot gereicht wird, daselbst isst Gott mit. Wo Obdach und Wärme gegeben wird, daselbst wohnt und wärmt sich unser Gott mit. Wo Hilfe und Trost geschenkt wird, lässt sich auch Gott bescheren und trösten. Ohne diese Werke wäre unser Glaube sterblich und tot. Zur Grundlage der Auferstehung und Genesung einer neuen Schöpfung gehört auch das Verdienst unseres Heilands, welches wir dadurch verkündigen, dass wir unsere Güter mit anderen teilen, das Feuer einer Herberge für die Erfahrung des Mitgefühls entfachen und mit Gott, mit unserem Emanuel die Hoffnung wecken, um ein Zeugnis Gottes zu sein, der die Liebe ist. Unser christlicher Glaube ist auf der Vergebung und Verzeihung gegründet, sowohl aus der Gnade in der Sündenvergebung, als auch aus der Barmherzigkeit im Nachlass der Schuld.
Bethlehem heißt eigentlich „das Haus des Brotes“. Es ist jenem Häuschen ähnlich, vor welchem wir in Gebet und Anbetung Gott suchen. So sagte Jesus über sich – „Ich bin das Brot des Lebens.“ Die Stadt Davids war für kurze Zeit eine Herberge und Wohnstatt für das Brot unseres Lebens, wie der Schrein des allerheiligsten Sakramentes in unseren Anbetungsstätten. Während in Bethlehem das Kind einer Familie, welche in Not war, von den Engeln als der Messias, der verheißene Christus bezeugt wurde, künden die Engel Jesu, welche wie er ausgesandt wurden, von der sakramentalen Gegenwart des wahren Gottes und des wahrhaftigen Menschen unserer Vollendung. Aus dem Armenopfer entnommen, wird das Brot unserer Gemeinschaft zum Leib des Erlösers dargebracht und gebrochen, um den von Sterblichkeit Verarmten mit der Gabe eines neuen und ewigen Lebens gereicht zu werden. In diesem Genuss vereinen sich die Himmel mit der Erde, nämlich Gott mit uns Menschen, damit wir zwar äußerlich als Menschen, geistlich jedoch im Geheimnis Gottes wahrgenommen werden. Wollen wir nach Bethlehem gehen, um mit der heiligen Familie der Kirche und mit den Hirten des heiligen Amtes Christum anzubeten?
So kommt, ihr Gläubigen, fröhlich triumphierend, vor das Haus des Brotes in unseren Andachtshäusern, Kapellen und Kirchen, bringt eure Gaben und Geschenke mit, eure Herzen voller Liebe, damit wir unserem Heiland huldigen, indem wir für jene beten, welchen wir wegen unserer eigenen Armut nicht zu helfen vermochten, und wir das Lobopfer des Dankes darbringen, weil wir doch einigen wenigen Bedürftigen aufhelfen konnten. Dadurch wird das Bethlehem unseres Hoffens zu einer Königsstadt, und unser Herz zu einer beständigen Wohnstatt des Geistes der Sohnschaft. Denn nicht nur anzubeten, sondern an der Gottheit auch teilzunehmen sind wir fähig geworden, weil Er es so wollte, der Höchste nämlich, mit uns einer von uns zu werden.
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