„HErr, Du bist mein Gott, ich will Dich rühmen und Deinen Namen preisen. Denn
Du hast wunderbare Pläne verwirklicht, von fern her zuverlässig und sicher.“ Mit diesem Wort aus dem jesajanischen Glaubenshymnus (25,1) betraten wir im
eucharistischen Vordienst nicht nur die Pforte der sonntäglichen Eucharistie. Vielmehr ist es unser Einzug in die gegenwärtige Periode der kirchlichen Jahrzeit. In der Epiphanie
– der Erscheinung Gottes – begegnen wir ihm, der uns seinen Heilsplan, den Ratschluss der Erlösung im Voraus verkündigt hat, und uns die Erfüllung desselben erleben
ließ. Einerseits stehen wir unter dem Eindruck der Menschwerdung Christi, anderseits bewegt uns die Jahreswende auf das zentrale Ereignis eines jeden Kirchenjahres hin, auf die
Osterfeier und auf das Hochfest der Auferstehung Jesu. Wie die Engel das Geheimnis seiner Geburt verkündeten, so bestätigte die Himmelsstimme Christus als das Lamm unseres
Heils, als unseren Heiland. Denn nach seiner Taufe am Jordan ging Jesus in die Wüste, um sich vor seinem Werk durch das Fasten und Gebet zu heiligen – nicht weil er es
bedurft hätte, sondern für uns und zu unserem Wohlergehen!
Die Verbindung der 40 Tage von seiner Geburt bis zur Darstellung im Tempel mit den
40 Tagen vor seinem Tod und Auferstehung, wird in unserem Gottesdienst auch mit den 40 nachösterlichen Tagen geeint, mit der Zeit von der Auferstehung des HErrn bis zu seiner
Entrückung in die Herrlichkeit der Himmel. Von daher sprechen wir von der Jahreswende, weil uns auch zu dieser Zeit, wie auch immer und zu jeder Zeit, das ganze Leben Christi
vor den Augen unserer Herzen im Glauben, Hoffen und Leben steht – denn er, Jesus Christus ist unser Leben.
Insbesondere die Begebenheit der Wallfahrt der Familie von Nazaret zum Tempel in
Jerusalem will uns darüber aufklären, was es bedeutet, dass der Sohn Gottes den Tempel als das Haus seines Vaters bezeichnet, und sich selbst sodann einer anderen Familie, der
irdischen, im Gehorsam unterordnet, um Maria und Joseph als Mutter und Vater anzunehmen. Gerade heute, wo die Zerbrechlichkeit des Familienbandes und Bundes augenscheinlich
geworden ist, die Zerbrechlichkeit der Liebe einer jeden vernünftigen menschlichen Gemeinschaft, die es in Wirklichkeit immer gab, auch dort, wo dieselbe als lieblose Form
bestand und nicht wirklich eingehalten worden ist, betrachten wir nun die Zerbrechlichkeit jeder Gemeinschaftsform in unserem Leben.
Mit dem biblischen Begriff „Erde“ verbinden wir sowohl den
Erdboden (hebr. Adama), wie auch weitläufig das Land (hebr. HaErez). Daher bedeutet Land sowohl den Erdboden und gleichzeitig - geistlich - die Bevölkerung,
zusammen mit dem Land ihrer Abstammung oder Zugehörigkeit. Denn der Mensch wird nach seiner Schöpfungsmaterie benannt – der Adam nach der Adama. In diesem Verständnis wird
mit dem Morgendienst die erste Festwoche nach Beschneidung eröffnet: „Die Erde birst und zerbirst, die Erde bricht und zerbricht, die Erde wankt und schwankt. Wie ein
Betrunkener taumelt die Erde, sie schwankt wie eine wacklige Hütte. Ihre Sünden lasten auf ihr; sie fällt und kann sich nicht mehr erheben.“ (Jes. 24, 19f)
Hinter der Übersetzung dieses Bibelverses verbirgt sich der oben erwähnte Landesbegriff. Dabei wird nicht die endzeitliche Zerstörung der Erde angesprochen, sondern die
Zerbrechlichkeit der menschlichen Gemeinschaftsformen.
Der nachfolgende Vers vertieft diese Offenbarung: „An jenem Tag wird der HErr
hoch droben das Heer in der Höhe zur Rechenschaft ziehen und auf der Erde die Könige der Erde.“ (Jes. 24, 21) Anstatt den Begriff Land zu verwenden, spricht
der Prophet es hier aus: „Erde“, die Adama! Sowohl die himmlische als auch die irdische Herrschaft werden von Gott zur Verantwortung gezogen, nämlich die Vorsteher unserer
Mutter, der Kirche, als auch die Vorsteher eines jeden Vaterlandes. Ohne die Augen, d.h. ohne das Amt der Propheten fallen sie in die Grube, die sie womöglich selber ausgehoben
haben. Aus diesem Loch gibt es kein Entkommen, keinen Ausgang, aber doch einen Ausweg. Denn die Gestalt des Alten, des Adams der Schöpfung, kann durch die Gestalt des
Vollkommenen, des Adams der Entstehung, vollendet werden. Dazu sind uns die Werkzeuge des Herzens geschenkt: der Glaube und die Liebe.
Das Geheimnis unserer Befreiung liegt gerade darin, dass uns die Mutter durch den
göttlichen Geist in der Salbung der Himmel gegeben worden ist, und mit ihr der Vater, ihr Gemahl, der Christus, der unser ewiges Leben ist. Die Glaubensgabe, Kirche und
Jesus von Nazaret zu erkennen, ist das Charisma des Propheten, d.h. des Heiligen Geistes, aber auch die echte Liebe, die alles überdauert. Auch wenn uns die Gotteserfahrung
prägt, nämlich die Zugehörigkeit zum Vaterhaus der unerschaffenen und ewigen Himmel, wo wir ganz persönlich unsere Heimat empfinden, versetzt uns die Taufe in eine Familie, in
die Gemeinschaft der Kirche, welche durch unsere sakramentale Aufnahme (Hyothesia – Adoption der Söhne) unsere Mutter geworden ist, und in die Gemeinschaft Gottes,
welcher in Jesus Christus für uns kraft derselben sakramentalen Annahme der Vater geworden ist, das gute Land (oder der Adam Eschaton) unserer Miterbschaft. Wenn Christus
unser Leben ist, und wir in seiner Nachfolge seinen Pfad verfolgen, kommen wir durch seinen Gehorsam in der Auferstehung und der eigenen „Himmelfahrt“ an jenem Ort an, der uns durch den Neue Bund in der Bündnisfeier der Allerheiligsten Eucharistie dargereicht wird:
im Vaterhaus der Ewigkeit.
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