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Gott, den wir „Vater“ nennen

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Das Heil des Volkes bin ich, spricht der HErr. In jeder Not, aus der sie zu mir rufen, will ich sie erhören. Ich will ihr HErr sein für alle Zeit.“ – mit diesem Ruf betreten wir den 21. HErrentag nach Pfingsten. Allerdings ist dieser traditionelle Ruf an die Psalmverse nur angelehnt: „Die Rettung der Gerechten kommt vom HErrn, er ist ihre Zuflucht in Zeiten der Not. Der HErr hilft ihnen und rettet sie, er rettet sie vor den Frevlern; er schenkt ihnen Heil, denn sie suchen Zuflucht bei ihm.“ (Ps. 37, 39f ) Es ist seit aller Anfang der Liturgie üblich, für die liturgischen Texte sowohl die Zitate der Heiligen Schrift als auch die Deutung der biblischen Texte als geistliche Lieder zu singen, wie eben der Ruf, welcher später in der Eucharistie als Introitus diente, und die Hymnen, welche liturgische Zeiten, Tage oder Wochen begleiteten.

Der thematische Ruf dieser Woche erklärt unser Verständnis, wie wir die Wirkung Gottes verstehen, und folglich wie wir den Bibeltext auslegen. Jedes Wort in der Hl. Schrift verstehen wir sowohl einzeln, aber auch als Sätze, Absätze oder gar Bücher als das „Wort Gottes“, und selbst dort, wo keine direkte Rede aufgeschrieben ist, denken wir so, als ob die biblische Aussage aus dem Mund Gottes ausgesprochen wurde. Ein solches Verständnis haben wir aus der Berufung Mose’s gelernt, als Gott über Aaron sprach: „Er wird für dich der Mund sein, und du wirst für ihn Gott sein.“ (Ex. 4, 16b) Die beiden Brüder aus dem Stamm Levi, welche das Verhältnis zwischen den Propheten und Priestern darstellen und welche beide jeweils Opferhandlungen zum Heil des Volkes vollzogen, stellen im geistlichen Sinn ebenso das göttliche Verhältnis in der Heiligsten Dreifaltigkeit dar, den Gottessohn gegenüber Gott, unserem Vater. Jesus ist, als unser Hoherpriester und als einziges Wesen, welches aus der Wesenheit Gottes hervorkam, der Mund für Gott, und sein Vater ist Gott für unseren Erlöser. Es sind jedoch nicht zwei, sondern im Heiligen Geist ist es der eine Gott unseres Glaubens.

Deshalb wird die Rettung der Gerechten als das Heil des Volkes Gottes verstanden. Gott ist nur dann die Zuflucht der Gerechten in jeder Not, wenn sie zu ihm rufen – wenn sie gemeinsam zu Gott beten, um Hilfe und Rettung einzig als eine Erhörung zu erfahren. Aus dem Bündnis des Volkes mit Gott, in welchem Gott durch die Ämter und Ordnungen eine Regelung der Zuständigkeit in der Zeitlichkeit getroffen hat, verstehen wir die Herrschaft Gottes, das Heil und die Zuflucht der Gerechten, als einen Bestandteil der Vollendung, der Eschatologie unserer Hoffnung.

Deshalb fasst Jesus im Evangelium, welches wir an diesem HErrentag verkünden, viele seiner früheren Aussagen über das Himmelreich zusammen. Als erstes wird Gott als König bezeichnet und als Gastgeber des eschatologischen Hochzeitsmahls: „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der die Hochzeit seines Sohnes vorbereitete.“ (Mt. 22, 2) Es handelt sich um die Hochzeit unseres Erlösers und Gottes mit den Gerechten oder Heiligen, mit der Kirche Gottes, welche durch den Bräutigam befähigt wurde, eine göttliche Braut zu werden.

Aus anderen Gleichnissen über das Hochzeitsmahl werden uns die drei Eingeladenen in Erinnerung gerufen, die sich entschuldigten und der Feierlichkeit fernblieben. Das Fernbleiben der Eingeladenen vergleicht Christus mit bösen Winzern, welche in jenem Gleichnis den Erben des Weinbergs umbrachten. Ihre Strafe war der Tod – prophetisch gesehen führte Jesus aus: „Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen.
(Mt. 22, 7)

Der Tod der Mörder hängt geistlich auch mit der Zerstörung Jerusalems zusammen, wie unser Heiland die Stadt anklagte: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind.“ (Mt. 23, 37) Wer einen Propheten aufnimmt, nimmt auch jenen auf, den die Propheten verkündigen, und wer einen Boten mit der Botschaft Gottes aufnimmt, nimmt den Sender der Boten auf. Beide, die Propheten und die Boten sind wie unser Gott und Erlöser die Königssöhne, so dass die Mörder derselben die Vereinigung Gottes mit seinem Volk nicht sehen sollen. Sie als „Gäste waren es nicht wert“ die Hochzeit Zions, der Mutter Jerusalems zu erleben.

Unter den Gästen des Hochzeitsmahls befand sich auch ein Unwürdiger, den Gott trotzdem als „Freund“ bezeichnete, also als einen Amtsträger der Kirche, der sich nicht in das weiße Priestergewand einkleidete. Vielleicht ist dies eine Ermahnung auch an jeden von uns – aus dem historischen Ereignis der Zerstörung des irdischen Jerusalems und seiner Bevölkerung keine voreiligen Schlüsse zu ziehen! Sowohl das allgemeine Taufpriestertum als auch die besonderen Priester haben die Aufgabe, die heiligen Schriften der Bibel im Licht der Gnade und Barmherzigkeit zu verstehen. Deshalb betrachten wir die Botschaft der ganzen Perikope des Evangeliums, um den Schlusssatz richtig zu verstehen: „Denn viele sind gerufen, aber nur wenige auserwählt.“ (Mt. 22, 14)

 

 

 

 

 

Gebet vom 21. Sonntag nach Pfingsten


Allmächtiger, barmherziger Gott, entferne gnädig von uns alles, was uns schaden könnte, auf daß wir, an Leib und Seele befähigt, Deinen Willen mit freudigem Herzen tun; durch Jesum Christum, Deinen Sohn, unsern HErrn, der da lebt und herrscht mit Dir, in der Einheit des Heiligen Geistes, ein Gott, in Ewigkeit. Amen.

 

 

 

 

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